Der Digitale Produktpass (DPP) ist ein zentraler Bestandteil der EU-Ökodesign-Verordnung (ESPR) und wird ab 2027 schrittweise für verschiedene Produktgruppen eingeführt. Ziel des DPP ist es, Informationen über den Lebenszyklus eines Produkts bereitzustellen – von den Rohstoffen über Nutzung und Reparatur bis hin zum Recycling. Damit gilt der DPP als entscheidender Hebel zur Förderung der Kreislaufwirtschaft.
Die ESPR ist am 18. Juli 2024 in Kraft getreten und legt ökologische Mindestanforderungen für Produkte sowie die Einführung des DPP fest. Die Verordnung entfaltet ihre volle Wirkung jedoch erst in den kommenden Jahren, wenn für unterschiedliche Produktgruppen spezifische Anforderungen und Informationen erarbeitet werden.
In der Verordnung sind 16 so genannte Ökodesign-Kriterien vorgesehen, darunter Reparaturfähigkeit, Recyclingfähigkeit, CO2-Fußabdruck, Energieverbrauch und das Vorhandensein kritischer Stoffe. Welche dieser Kriterien in welcher Form umgesetzt werden, ist abhängig von der Produktgruppe und wird in so genannten delegierten Rechtsakten erarbeitet. Zu den ersten priorisierten Produktgruppen zählen Eisen und Stahl, Aluminium, Textilien, insbesondere Bekleidung und Schuhwerk, Möbel, einschließlich Matratzen, Reifen, Waschmittel, Anstrichmittel, Schmierstoffe, Chemikalien, energieverbrauchsrelevante Produkte, IKT-Produkte und sonstige Elektronikgeräte.
Für Textilien sowie Eisen- und Stahlprodukte könnte der DPP ab 2027 verpflichtend werden. Batterien und Bauprodukte werden durch eigene Verordnungen geregelt, mit verpflichtenden DPPs ab 2027 bzw. 2028.
Die erfolgreiche Umsetzung des DPP erfordert einheitliche Standards, die derzeit von der europäische Standardisierung CEN-CENELEC auf Grundlage eines Standardisierungsantrags der europäischen Kommission erarbeitet werden. Dabei geht es unter anderem um Interoperabilität, Zugriffsrechte, Datenträger sowie Datenverarbeitung. Wichtig ist natürlich, dass die spezifischen Anforderungen der verschiedenen Branchen berücksichtigt werden.
Parallel dazu bereitet die EU-Kommission die delegierten Rechtsakte für die einzelnen Produktgruppen vor. Hier können sich Interessierte aktiv einbringen, beispielsweise in branchenspezifischen Workshops, die bereits für Textilien sowie Eisen- und Stahlprodukte laufen. Zudem wurde das Ökodesign Forum als Expertengruppe eingerichtet, bei dem sich Interessierte für eine Mitgestaltung der Anforderungen bewerben können.
Die Einführung des DPP bringt für Unternehmen erhebliche Herausforderungen mit sich, insbesondere wenn digitale Prozesse noch unzureichend etabliert sind. Gleichzeitig bietet der DPP große Chancen: Die erfassten Daten können nicht nur genutzt werden, um regulatorische Vorgaben zu erfüllen, sondern auch zur Optimierung der eigenen Prozesse, der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle sowie der verstärkten firmenübergreifenden Zusammenarbeit. Um den DPP rechtzeitig umzusetzen und die damit verbundenen Chancen optimal zu nutzen, ist es entscheidend, dass sich Unternehmen frühzeitig darauf vorbereiten. Erste mögliche Schritte sind:
• Verfolgen Sie aktuelle Entwicklungen – z. B. durch die Informationen der Plattform Industrie 4.0
• Schaffen Sie organisatorische Voraussetzungen – bilden Sie beispielsweise ein DPP-Team
• Bereiten Sie Informationen Ihrer Produkte vor, z. B. auf Basis der 16 Ökodesign-Kriterien
• Beziehen Sie Vorlieferanten und Kunden mit ein
• Involvieren Sie ggf. Softwareanbieter bzw. DPP-Serviceanbieter
• Bringen Sie sich bei Bedarf und Möglichkeit ein – Kammern, Verbände und wissenschaftliche Einrichtungen bieten Unterstützung für interessierte Unternehmen
Der Digitale Produktpass ist ein bedeutender Schritt in Richtung mehr Transparenz, Zirkularität und Kooperation über Unternehmensgrenzen hinweg. Er legt die Grundlage für eine digitale Dateninfrastruktur, die die Kreislaufwirtschaft vorantreiben soll. Unternehmen profitieren, wenn sie frühzeitig aktiv werden und die entstehenden Chancen nutzen.
Ein aktiver Beitrag zur Gestaltung des DPP kann zudem helfen, spezifische Herausforderungen der eigenen Branche frühzeitig zu adressieren.