Ein Smart Grid-System kann ohne Zweifel als hochkomplexes System klassifiziert werden. Das bedeutet jedoch, dass wir bei dessen Entwicklung vor spannende Herausforderungen gestellt werden. Daher muss vor der tatsächlichen Implementierung ein detaillierter Plan erstellt werden.
Zu diesem Zweck wurde basierend auf dem Smart Grid Architecture Model (SGAM) 2013 in Salzburg die SGAM Toolbox[1] erarbeitet und über nun fast zehn Jahre bis heute weiterentwickelt.
Bei SGAM handelt es sich um eine Referenzarchitektur für intelligente Stromnetze, welche auf Standards basiert. Die SGAM Toolbox wurde in der Literatur bereits mehrfach erwähnt und ist in der Wissenschaft fest verankert. Ihre Anwendbarkeit wurde unter anderem von Uslar et al.[2] thematisiert.
In der praktischen Anwendung rückt die Integration von SGAM-basierten Architekturen mit der bestehenden Unternehmens-IT in den Fokus. Dieses Thema ist als IT/OT-Konvergenz bekannt.
Bei IT/OT-Konvergenz handelt es sich um die Annäherung zweier verschiedener Technologie-Domänen: der klassischen, physischen Technologie, auch genannt Operational Technology (OT) und der moderneren, digitalen Technologie, auch bekannt als Information Technology (IT).
Besonders wichtig ist die Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Welten bei der Entwicklung von Internet-of-Things-Systemen, wie zum Beispiel dem Smart Grid. Da das Smart Grid sowohl aus klassischen, physischen Komponenten als auch aus hoch-digitalisierten Prozessen besteht, ist es essenziell, die IT/OT-Konvergenz während dessen Entwicklung zu berücksichtigen.
Interessante Ansätze konnten während der Konzeption einer Smart Metering-Architektur für einen großen Netzbetreiber in Kolumbien entwickelt werden. Dieses Projekt wurde in einer Kooperation der Boston Consulting Group (Kolumbien) mit der successfactory consulting group (Österreich) umgesetzt.
Unterstützt wurde es außerdem seitens Josef Ressel Centre for Dependable System-of-Systems Engineering der Fachhochschule Salzburg, den Entwickler:innen der SGAM Toolbox. Das Projekt war besonders interessant, da – im Gegensatz zu früheren Projekten – besonderer Fokus auf IT/OT-Konvergenz gelegt wurde und somit wichtige Erfahrungen für die weitere Forschung gesammelt werden konnte.
Mit der SGAM Toolbox kann ein Smart Grid-System von den Anforderungen beginnend bis hin zu den tatsächlichen Komponenten modelliert werden. Damit wurden die OT-Aspekte dieses Projekts abgedeckt. Jedoch musste ebenso die IT-Perspektive integriert werden.
Für diesen Zweck wurde ein vielversprechendes Werkzeug hinzugezogen: The Open Group Architecture Framework (TOGAF) in Kombination mit der Business Process Modeling Notation (BPMN). Bei TOGAF handelt es sich um ein Prozess-Modell für die Entwicklung von Architekturen mit besonderem Fokus auf Unternehmensarchitekturen.
Da mit diesem Framework ganzheitliche Architekturen entwickelt werden können, werden auch IT-Aspekte miteinbezogen. Bei dem Versuch, beide Frameworks, SGAM und TOGAF, miteinander zu verbinden, stellte sich heraus, dass die SGAM-Schichten mit den TOGAF-Prozessen in Einklang gebracht werden können. Damit wird nicht nur die IT/OT-Konvergenz ermöglicht, sondern auch der Weg hin zu besserer Kommunikation zwischen den involvierten Teams geebnet.
Die Verbindung von SGAM und TOGAF führte zu einem erfolgreichen Abschluss des Projekts in Kolumbien. Indem IT/OT-Konvergenz sowie bessere Kommunikation zwischen involvierten Teams ermöglicht wurde, wurde ein möglicher Weg aufgezeigt, wie eine holistische Smart Metering-Architektur zielführend geplant und umgesetzt werden kann.
Nähere Informationen zur SGAM Toolbox: https://sgam-toolbox.org/
Weitere Publikationen der FH Salzburg zum Thema: https://www.en-trust.at/papers/Vereno22a.pdf bzw. https://www.en-trust.at/publications/