In unserer zunehmend technologisierten Welt sind Daten das Rückgrat jedes digitalen Ökosystems. Als Generalsekretär der Open Source Software Business Innovation Group (OSSBIG) Austria möchte ich die entscheidende Rolle von Open Source bei der Schaffung offener Datenökosysteme erläutern. Diese Ökosysteme werden einen unverzichtbaren Beitrag für die Lösung aktueller Herausforderungen, wie die Umstellung zur Kreislaufwirtschaft, ressourcenschonende Landwirtschaft, Transformation der Energiewirtschaft oder Verbesserung unserer Gesundheitssysteme, sein.
Was sind Datenökosysteme?
Datenökosysteme sind digitale Plattformen, in denen Daten zwischen verschiedenen Akteuren fließen können, um wertschöpfende oder gemeinnützige Anwendungen zu ermöglichen. Der Begriff des Ökosystems stammt ursprünglich aus der Natur und bezeichnet komplexe Lebensräume, in denen verschiedene Organismen interagieren. Übertragen auf die digitale Welt, kann man Datenökosysteme als „digitale Lebensräume“ betrachten, in denen sowohl Wettbewerb als auch Kooperation stattfinden. In Datenökosystemen werden Regeln, Steuerungsstrukturen und Basistechnologie definiert, um Daten zu sammeln, zu speichern und zu nutzen. Moderne Konzepte und Architekturen, wie sie beispielsweise vom europäischen Data Spaces Support Center beschrieben werden, zielen auf größtmögliche Datensouveränität und Dezentralität ab.
Digitale Plattformen und Netzwerkeffekte
In digitalen Ökosystemen nutzen Plattformen Netzwerkeffekte: Der Wert einer Plattform steigt mit der Anzahl ihrer Nutzer. Dies erklärt, warum es so schwierig ist, neue Plattformen neben etablierten Giganten wie Google, Amazon, Microsoft, Apple oder Facebook aufzubauen. Nutzer sind nicht gewillt, auf weniger besiedelte Plattformen zu wechseln, da der individuelle Nutzen zunächst geringer ist. Diese Netzwerkeffekte führen dazu, dass große Plattformen immer mächtiger werden und es junge Anbieter schwer haben, Fuß zu fassen.
Herausforderungen und Chancen
Ein zentrales Problem ist die Kontrolle über diese digitalen Plattformen. Unternehmen, die als Gatekeeper fungieren, haben enorme Macht über ihre Ökosysteme. Der europäische Gesetzgeber hat dies erkannt und versucht einerseits, stark besiedelte Plattformen, so genannte „very large platforms“, durch den Digital Markets Act zu regulieren und andererseits, sektorale Datenräume, so genannte Common European Data Spaces, zu schaffen, die interoperabel und offen sind. Diese Initiativen zielen darauf ab, faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, Daten einfach und sicher zugänglich zu machen, ohne die Kontrolle zu verlieren.
Ein wichtiger Beitrag zur Lösung ist Open Source
Open Source spielt eine entscheidende Rolle bei der Schaffung transparenter und fairer digitaler Plattformen. Open Source Software, Creative Commons und offene Standards ermöglichen es, digitale Artefakte als Gemeingut zu schaffen. Dies fördert Vertrauen und Kooperationsbereitschaft zwischen Wettbewerbern und sorgt für Fairness und Transparenz. Open Source bietet auch die zugehörige, offene Steuerungsstruktur für digitale Artefakte. Diese Open Source Governance stellt unter anderem Transparenz und Beteiligung der Community sicher. Digitale Gemeingüter werden oft unter der Governance von internationalen Open Source Foundations, wie der Eclipse Foundation, entwickelt.
Bekannte Open Source-Beispiele
Es gibt viele erfolgreiche Beispiele für Open Source-Projekte, die als Grundlage für digitale Ökosysteme dienen:
Linux Betriebssystem: eine der bekanntesten und am weitesten verbreitete Open-Source-Plattform
Android Betriebssystem: das meistgenutzte Betriebssystem für mobile Geräte
MySQL Datenbank: eine weit verbreitete Datenbanklösung
Apache Hadoop: ein Framework zur verteilten Speicherung und Verarbeitung großer Datenmengen
Kubernetes: ein Open Source-System zur Automatisierung der Bereitstellung, Skalierung und Verwaltung von containerisierten Anwendungen
WordPress: ein Content Management-System, das Millionen von Websites nutzen
LibreOffice: eine leistungsfähige und kostenlose Office-Suite
Nextcloud: eine Kollaborations-Plattform für die Bearbeitung und Speicherung von Dateien
Catena-X, ein junges Projekt aus der Automobilindustrie, bezeichnet sich als „das erste, offene, interoperable Datenökosystem zur gemeinsamen Nutzung von Datenketten entlang der automobilen Wertschöpfungskette“. Auch diese, mittlerweile produktive Initiative setzt auf Open Source und radikale Kooperation. Hier kooperieren Automobilhersteller, die am Markt erbitterte Konkurrenten sind.
Diese Projekte zeigen, dass es für wettbewerbsneutrale Basiskomponenten keine sinnvolle Alternative zum Open Source-Modell gibt. Dieses Modell wird zunehmend anerkannt und von großen Institutionen wie der Europäischen Kommission unterstützt, die eine Open Source-Strategie entwickelt hat und Open Source Referenzimplementierungen beauftragt.
Ein offener Kooperationsraum als Schlüssel zum Erfolg
Abschließend ist es mir wichtig zu betonen, dass Open Source nicht nur das Endprodukt, das digitale Gemeingut, beschreibt, sondern auch den Kooperationsraum und das Modell der Zusammenarbeit für die Erstellung und Wartung dieser digitalen Artefakte. Ein offenes, kollaboratives Umfeld ist der Schlüssel zur Schaffung nachhaltiger und innovativer Datenökosysteme.
OSSBIG Austria versteht sich seit über 15 Jahren als offene Gemeinschaft, die einen wettbewerbsneutralen Raum für gemeinsame Initiativen über alle Sektoren hinweg bietet. Nur gemeinsam können wir ein faires, transparentes und nachhaltiges Umfeld schaffen, in dem gesunder Wettbewerb gedeihen kann.