Im Jahr 1999 wurde in Österreich mit der Einführung des Breitbandinternets begonnen, in einer konzertierten weltweiten Anstrengung wurde in einer kurzen Zeit von zwei Jahrzehnten die 2008 beschriebene „flache Welt“ nach Friedmann gebaut. Heute haben wir durch die digitalen sozialen Medien vielfältige Möglichkeiten, unsere Meinungen, Sichtweisen und Positionen zu artikulieren und in die Welt zu kommunizieren – und: Wir genießen auch die neue Bequemlichkeit, von zu Hause aus viele Lebens- und Geschäftsprozesse online zu erledigen.
Die ungeahnten Möglichkeiten der freien Meinungsäußerung werden als Segen des neuen Digitalzeitalters gefeiert. Die erreichte breite Akzeptanz sozialer Medien innerhalb kürzester Zeit stellt eine unglaubliche Erfolgsgeschichte unserer Digitalisierungsanstrengungen dar.
Nur: Mittlerweile gilt es auch eine gewisse Ernüchterung zu attestieren. Mit dem Segen einer fast umfassenden Digitalisierung haben wir uns auch einen nicht zu erwartenden Fluch eingehandelt. Die Möglichkeiten für Betrug und Kriminalität durch digitale Plattformen haben sich sehr verändert, und viele neue Bedrohungsszenarien sind entstanden. Dass Benutzerinnen und Benutzer im digitalen Raum nicht darauf vorbereitet sind, zeigen laufend steigende Zahlen der Internetkriminalität.
Noch gravierender sind die Entwicklungen der Meinungsmache in den Sozialen Medien: Manipulation von Meinungen in der Bevölkerung führen zur Beeinflussung von Politik und Wahlen. Die Verwendung einer niveaulosen und verrohten Sprache, ohne jeglichen Anstand und Gefühl formulierte Beleidigungen, ja sogar Drohungen, bilden schon längst den Kommunikationsalltag der Sozialen Medien und können eigentlich nur unter dem Terminus der allgemeinen Zivilisationsverwahrlosung subsumiert werden.
Wie konnte das passieren? Was wurde innerhalb der Gesellschaft im Zuge der Digitalisierung übersehen? Diese Fragestellungen gilt es nun rasch und mit höchster Priorität unter die Lupe zu nehmen und einem tiefgehenden Diskurs zu unterziehen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass Soziale Medien nicht nur die Kommunikation per se vereinfachen, beschleunigen und mit Emotionen versehen, sondern durch Algorithmen auch zur Optimierung von Geschäftsmodellen eingesetzt werden und so unsere Wahrnehmungen und Meiningen aktiv beeinflussen oder sogar steuern.
Der Beitrag von Lea Podgajnik mit dem Titel „Social Media und die Wichtigkeit für Unternehmen – warum eine kommunikationswissenschaftliche Betrachtung nicht reicht“ beschreibt am Beispiel von LinkedIn eindrucksvoll, wie unsere Kommunikationsaktivitäten durch Algorithmen bestimmt und beeinflusst werden. Louise Beltzung thematisiert in ihrem Beitrag „Werbung für problematische und betrügerische Onlineshops auf Social Media“ die Problematik der Verwendung von Social Media-Plattformen für kriminelle Aktivitäten und zeigt, wie man smarte Künstliche Intelligenz für den Menschen einsetzen kann, um digitale Konsumentinnen und Konsumenten entsprechend zu schützen.
Wie bei jeder Technologieeinführung gilt es immer auch den möglichen Missbrauch zu beachten, geeignete Gegenmaßnahmen zu konzipieren und Schutzmechanismen zu implementieren. Es ist die Aufgabe aller Stakeholder, Technikentwicklungen so zu gestalten und Rahmenbedingungen so festzulegen, dass ein sicherer Technikbetrieb und eine bedenkenlose Techniknutzung ermöglicht werden – dies wird im Zuge der rasanten Digitalisierungshektik viel zu oft übersehen.
Viel Spaß beim Schmökern im aktuellen Social Media Newsletter!