Social Media in Zeiten, in denen die organische Reichweite sinkt

In den Advatera-Expertengruppen treffen sich regelmäßig Social Media-Verantwortliche aus Österreich, Deutschland, der Schweiz, Benelux und Großbritannien zum Erfahrungsaustausch. Viele der Teilnehmer erfahren einen Rückgang organischer – also unbezahlter – Reichweite auf ihren Social Media-Unternehmensprofilen. Was sind Handlungsempfehlungen, um mit Unternehmensnachrichten auf Facebook, Instagram und Co. weiter aufzufallen? Welche Reichweite man auf Social Media-Plattformen erreicht, ist von komplexen Algorithmen abhängig. Neben ökonomischen Interessen, also dem Druck hin zu bezahlten Anzeigen statt organischer Reichweite, gibt es mehrere Gründe für den Rückgang der Reichweite von Unternehmensnachrichten.

Letztlich muss die schiere Menge an Nachrichten, welche potenziell im Nachrichtenfluss eines Nutzers aufscheinen, reduziert werden. Die Diskussion ist nicht neu, bereits 2014 hat Facebook selbst auf den Rückgang der organischen Reichweite von Unternehmensnachrichten hingewiesen und den Algorithmus 2018 noch einmal dahingehend nachgeschärft. [1, 2] Aktuell spüren Unternehmen gerade bei Instagram ein geringeres Engagement der Nutzer. Postings erhalten also weniger Likes, Kommentare und Weiterleitungen.

Einige Handlungsempfehlungen zur Erhaltung und Stärkung der organischen Reichweite sind:

  • Lassen Sie Ihre Mitarbeiter über das Unternehmen kommunizieren. „Employee Advocacy“ hat sich als Begriff dafür etabliert. Facebook hat selbst darauf hingewiesen, dass Nachrichten von Freunden und Familienmitgliedern bevorzugt im Nachrichtenfluss aufscheinen. [2] Gut aufgearbeitete und für die Mitarbeiter einfach teilbare Inhalte, kombiniert mit einem guten Regelwerk – beispielsweise ein Vier-Augen-Prinzip bei kritischen Inhalten, oder wie Mitarbeiter bei kritischen Antworten auf ihre Postings reagieren sollten – sind ein Schlüssel zum Erfolg.
  • Eine ähnliche Strategie ist, auf nutzergenerierte Inhalte zu setzen. Die Schweizer Marke Victorinox motiviert Kunden, eigene Inhalte zu den Produkten auf Social Media zu posten. Also beispielsweise Fotos von Uhren oder Schweizer Messern, verknüpft mit persönlichen Erlebnissen. Mit nutzergenerierten Inhalten wird die Reichweite vergrößert, weil private Inhalte im Algorithmus höher gewichtet sind und zudem in den privaten Netzwerken der Nutzer verteilt werden. Außerdem beeinflussen sie zudem das Kaufverhalten positiv. [3]
  • Je besser die Inhalte auf die jeweilige Plattform abgestimmt sind, desto besser funktionieren sie auch. Produzieren Sie jeden Inhalt bewusst für die gewünschte Plattform und nutzen Sie alle Funktionalitäten, welche die jeweilige Plattform bietet. So funktionieren Sticker bei Instagram gut, und natürlich sollte nicht nur ein „Instagram Post“, sondern auch eine „Instagram Story“ gestaltet werden. Veranstaltungseinladungen auf Facebook oder LinkedIn, beide bieten diese spezielle Funktion, erreichen oft eine höhere Reichweite und Interaktion, als eine Veranstaltung einfach nur in einem Beitrag zu erwähnen. Besser Nachrichten gezielt nur auf einer oder wenigen Social Media Plattformen spielen, dafür aber spezifisch für diese gestaltet.
  • Um die Reaktionsfreudigkeit der Nutzer zu fördern, helfen klare Call to Actions. BJ Fogg, Professor an der Stanford University, beschreibt, dass Menschen dann handeln, wenn drei Elemente gleichzeitig zutreffen: Die Person muss motiviert sein, und es muss möglichst einfach sein, die Handlung auch auszuführen. Je höher eine Person motiviert ist, desto schwerer oder aufwändiger kann die gewünschte Handlung sein. Der Trigger – oder Call to Action – ist das dritte Element und der Schlüssel zum Erfolg. Nur wenn er zum richtigen Zeitpunkt gesetzt wird, findet die Handlung auch tatsächlich statt. Wenn Kampagnen scheitern, dann häufig, weil Empfänger zwar motiviert sind, der Trigger aber schlicht vergessen wurde, zu einem schlechten Zeitpunkt gesetzt oder unklar formuliert ist. [4]
  • Folgen Sie Ihrem Publikum. Gemeint ist damit, die Zielgruppenanalyse laufend nachzuschärfen. Kommunizieren wir tatsächlich auf jenen Plattformen und in jenen Gruppen, auf denen wir unsere Zielgruppe erreichen? Wie gut ist unsere Zielgruppe definiert und in welchen Social Media-Kanälen finden wir sie? Die laufende Analyse und Nachschärfung hilft auch, das Engagement hoch zu halten. Je konkreter die Zielgruppe angesprochen wird, desto höher ist in der Regel das Engagement. Eine Empfehlung aus der Social Media-Expertengruppe ist, Nischenplattformen zu suchen und auszuprobieren. Wir reden immer von den großen und bekannten Plattformen, aber wenn Sie beispielsweise ein SmartHome-Anbieter sind, könnte die Nischenplattform Energiesparhaus.at für Sie relevant sein. Auch die Streuung der Nachrichten innerhalb einer Plattform ist relevant: So können Sie auf Facebook Ihre Nachricht breit auf Ihrem Unternehmensprofil streuen, oder eine Facebook-Gruppe nutzen, um eine konkrete Interessensgemeinschaft innerhalb von Facebook anzusprechen.
  • Ein Tipp aus der Gruppe der Social Media-Verantwortlichen ist auch, Neues auszuprobieren. Alle bekannten Anbieter entwickeln ihre Produkte laufend weiter und speziell, wenn neue Funktionalitäten freigeschaltet werden, haben diese häufig zu Beginn eine hohe Reichweite. Beispielsweise experimentiert LinkedIn in einigen Märkten gerade mit Live Videos und LinkedIn Stories, ähnlich der Instagram Stories. [5, 6]
  • Kommunizieren Sie häufiger. Jede Botschaft hat auch eine Reichweite. Je mehr kommuniziert wird, desto mehr Reichweite wird erreicht. Die Limitierung hier ist aber die Qualität der Inhalte, denn diese wirkt sich auf das Engagement aus. Sie müssen also konsistent gute Inhalte liefern.

Ohne finanzielle Stützung von Kampagnen ist es für Unternehmen schwierig, noch relevante Reichweite in den großen sozialen Netzwerken zu erreichen. Diese Empfehlungen aus der Advatera Social Media-Expertengruppe helfen aber, nicht rein auf bezahlte Anzeigen setzen zu müssen. Möchten Sie an einem künftigen Erfahrungsaustausch teilnehmen? Einfach hier anmelden.

References
1. Adam Mosseri (2018) Bringing People Closer Together. https://about.fb.com/news/2018/01/news-feed-fyi-bringing-people-closer-together/. Accessed 06 Nov 2020.
2. Brian Boland (2014) Organic Reach on Facebook: Your Questions Answered. https://www.facebook.com/business/news/Organic-Reach-on-Facebook. Accessed 06 Nov 2020
3. Malthouse EC, Calder BJ, Kim SJ et al. (2016) Evidence that user-generated content that produces engagement increases purchase behaviours. Journal of Marketing Management 32: 427–444. https://doi.org/10.1080/0267257X.2016.1148066
4. Fogg B.J. (2009) A behavior model for persuasive design. In: Chatterjee S., Dev P. (eds) Proceedings of the 4th International Conference on Persuasive Technology. ACM Digital Library, New York, New York, USA, p 1.
5. Vidhi Bubna (2020) 7 Ideas For Personal Branding Using LinkedIn Stories. https://www.entrepreneur.com/article/357704
6. Ingrid Lunden (2019) LinkedIn debuts LinkedIn Live, a new live video broadcast service. https://techcrunch.com/2019/02/11/linkedin-debuts-linkedin-live-a-new-live-video-broadcast-service/. Accessed 06 Nov 2020.

Volker Grünauer
Über den Autor

Volker Grünauer ist Geschäftsführer der Advatera GmbH.