Der Silicon Alps Cluster ist ein österreichischer Technologie- und Innovationscluster im Bereich der Electronic Based Systems. Als Public-Private-Partnership österreichischer Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und öffentlicher Hand dient er der Entwicklung und Positionierung der Elektronik- und Mikroelektronikbranche an den Standorten Kärnten und Steiermark.
Übergeordnete Ziele sind die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationsleistung der Mitglieder, Erhöhung der internationalen Sichtbarkeit und Attraktivierung des Standortes für Gründer und Ansiedelungen.
Gute Geschäftsideen zu einem erfolgreichen Unternehmen aufzubauen, setzt innovatives Denken und Handeln voraus. Der Silicon Alps Cluster setzt auf Diversität als eine der Grundvoraussetzungen für Innovationen und bedeutenden Eckpfeiler in der New Work-Thematik.
OVE Fem: Wie bewerten Sie die Potenziale von Diversität gerade im Bereich Innovation in der EBS-Branche?
Elisabeth Berghold: Ich denke, Diversität ist als Begriff zu wenig breit in den Köpfen verankert. Laut Literatur bilden Ethnie, Geschlecht, Alter, Religion, Sexualität und soziale Herkunft die Kerndimensionen.
Landläufig wird damit jedoch meist die Beschäftigung von Beeinträchtigten oder andersartiger Kulturen in Verbindung gebracht. Der Dimension geistiger Fähigkeiten wird meines Erachtens zu wenig Beachtung geschenkt.
Als Schlüssel zur Innovation fasst der Begriff viel weitreichender: Man meint damit die unterschiedlichen Perspektiven, aus denen ein Problem betrachtet werden kann. Interdisziplinarität sowie Andersartigkeit sind Treiber des „Neuen“.
Gerade im Bereich der Halbleiter kommen viele unterschiedliche Fachgebiete zusammen, um Produkte zu entwickeln und zu verbessern, wie z. B. Mikroelektronik und Materialwissenschaft.
Teams, zusammengesetzt aus „andersartigen Experten“ mit unterschiedlichen geistigen Fähigkeiten, bringen durch ihre mannigfachen Zugänge erfinderische Ansätze, Lösungen neu zu denken.
OVE Fem: Was macht es für Personalmanager schwierig, Diversität aktiv in einem Team zu verankern?
Berghold: Im Grunde bedarf es eines strategischen Vorgehens, möglicherweise einer Annäherung an eine Position über Kompetenzen, und nicht nur über klassische CV-Daten.
Hinzu kommt eine Voreingenommenheit, die uns alle mehr oder weniger betrifft: Natürlich ist mir ein Mensch, der mir ähnlich ist, unterbewusst auch sympathischer.
Charakter-Eigenschaften, Auftreten und Handlungen erzeugen unterbewusst sofort eine Zuordnung in uns - grundsätzlich eine sinnvolle Eigenschaft des menschlichen Gehirns; im Recruitment aber ein klares „Handicap“. Hinzu kommen zusätzliche Schwierigkeiten z. B. bei Drittstaatsangehörigen; abgesehen von kulturellen Hindernissen stören auch administrative Hürden die Vielfallt.
In der Dynamik des Alltags braucht es einen klaren Fokus, trotz Stress diese Hürden proaktiv anzugehen, um die Vielfallt herzustellen. Häufig wählt man aber den Weg des geringsten Widerstandes und verspielt so strategische Chancen, sich für die Zukunft stabiler aufzustellen.
OVE Fem: Wie kann Human Resource Management (HRM) Diversität im Unternehmen erfolgreich aufbauen und unterstützen?
Berghold: Wirksames HR ist auf zwei Achsen aktiv: strategisch wie operational. Das bedeutet, in der Personal-Strategie muss die Vielfallt bereits berücksichtigt sein.
Stellenprofile und Funktionsbeschreibungen sollten regelmäßig auf den Prüfstand: Ist die Ausrichtung der Funktion ideal angelegt, um die Ziele erreichen zu können? Sind die Anforderungen an eine Funktion dementsprechend ausgerichtet? Fokussieren wir uns noch immer darauf, dass ein Mensch möglichst langfristige Stationen im CV aufweist, oder schätzen wir vielleicht sogar Personen, die bereits in verschiedensten Branchen Erfahrungen sammeln konnten?
Gerade in der Entwicklung benötigen Ingenieur:innen Mehrfach-Kompetenzen: Neben dem umfassenden Verständnis der Technologie, in der sie beheimatet sind, müssen sie sich empathisch auf die Anforderungen des Kunden einlassen können und gleichzeitig „kreativ“ werden, d. h. eventuell zusätzlich eine andere Technologie zu verwenden.
Hinzu kommt eine gewisse Sales-Kompetenz, um den „Auftraggeber“ gekonnt abholen zu können. So werden die „eierlegenden Wollmilchsäue“ gesucht, anstatt sich auf Personen zu fokussieren, die Kreativität und Lösungskompetenz mitbringen.
Kommt es dann zur Auswahl neuer Mitarbeiter:innen, sollten Assessments eingerichtet werden, die diese Kreativität und Lösungskompetenz abtesten. Der Strategie entsprechende Kriterien mit Bepunktungen erleichtern die Entscheidung und beugen „unconscious bias“ vor.
Firmenkultur und Führungsarbeit müssen in dieselbe Kerbe schlagen und das Ausprobieren und auch das Scheitern fördern. Mitarbeiter:innen brauchen diese emotionale Sicherheit, um sich in der Kreativität entfalten zu können.
Zusammenfassend heißt das: Diversität ist kein Selbstläufer, sie erfordert Investitionen. Recruitment, Auswahl, Führung, Arbeitskultur und Alltag müssen darauf abgestimmt sein; der Mehrwert ist jedoch ungleich höher: Durch wendigere, flexiblere und dynamische Teams erreicht man Wettbewerbsvorteile und hat letzten Endes auch mehr Freude in der Arbeit – das wiederum führt zu mehr Retention und weniger Fluktuation im Unternehmen.