Data Spaces – neuer Newsletter-Fokus

Energiedatenräume

Mit dieser Ausgabe des OVE Informationstechnik-Newsletters greifen wir das Thema Datenräume (Data Spaces) auf, welches bereits im letzten IoT-Newsletter behandelt wurde und das übergeordnete Thema IoT ab sofort ersetzt.

Mit der zunehmenden Digitalisierung und der Nutzung von Daten zur Optimierung von Prozessen wird die Verfügbarkeit geeigneter Daten zu einem wesentlichen Asset für Unternehmen. Gleichzeitig gilt es, die digitale Souveränität zu wahren und die Sicherheit im Austausch von Daten zu gewährleisten. Datenräume stellen dafür die notwendigen Regulative und Standards zur Verfügung, um einerseits den Zugang für Unternehmen so einfach wie möglich zu gestalten, andererseits aber das notwendige Vertrauen für den Austausch von Daten zwischen Unternehmen zu gewährleisten.

Die Anwendungen reichen dabei vom digitalen Produktpass über den Datenaustausch entlang der Lieferkette bis hin zu Anwendungen im Gesundheits- oder Energiebereich. Zudem soll durch Datenräume die aktuelle Situation einzelner Datensilos aufgebrochen werden, indem durch die Verwendung gleicher Standards und Konzepte auch Datenräume verschiedener Handelszweige miteinander interagieren können. Dadurch wird ein völlig neuer, dezentraler Datenaustausch ermöglicht.

Im Rahmen eines OVE Fem-Netzwerktreffens Mitte Mai gab Margit Kranner, Data Science-Expertin am AIT, anhand des Digitalen Produktpasses einen Überblick über das Thema.

Was ist ein Datenraum?

Ein wesentliches Merkmal von Datenräumen ist deren Offenheit, sowohl was die im Datenraum bereitgestellten Daten als auch die am Datenraum teilnehmenden Organisationen betrifft. Damit wird ein digitales Ökosystem geschaffen, in dem neue datengetriebene Anwendungen und Geschäftsmodelle entwickelt und rasch realisiert werden können.

Grundlage dafür sind einerseits ein gemeinsames Verständnis über die grundlegende Organisation eines Datenraums, andererseits das wirtschaftliche und technische Vertrauen in diese Ökosysteme.

Initiativen wie Gaia-X, IDSA oder FIWARE sind aktuell damit befasst, eine gemeinsame technische und organisatorische Basis für die Realisierung von Datenräumen zu entwickeln. Die daraus entstehenden Regulative und Softwarekomponenten stehen allen Interessierten (großteils) frei zur Verfügung.

Aufbauend auf diesen Konzepten werden bereits in vielzähligen Projekten konkrete Datenräume realisiert. Diese Projekte liefern wertvollen Input für die weitere Entwicklung und ermöglichen es, neue Kooperations- und Geschäftsmodelle zu erproben. Das europäische Data Space Support Center (DSSC) unterstützt und koordiniert diese Bemühungen; das von der Europäischen Kommission beauftragte Entwicklungsprojekt SIMPL soll eine Referenzimplementierung liefern. Damit wird die Grundlage für eine Datenökonomie europäischer Prägung gelegt.

Welchen Nutzen bringt ein Datenraum?

Die Funktionsweise eines Datenraums lässt sich anhand eines einfachen Beispiels illustrieren: Ein Produktionsunternehmen hat für bestimmte Prozessschritte punktuell einen sehr hohen Energiebedarf. Gleichzeitig werden von erneuerbaren Energiequellen oft hohe Spitzenleistungen bereitgestellt, die das Stromnetz vor große Herausforderungen stellen.

Gelingt es, die verfügbare Energie zielgerichtet für die Produktion zu nutzen, könnte das Unternehmen die benötigte Energie günstig erwerben und gleichzeitig das Stromnetz entlastet werden. Voraussetzung dafür ist der Austausch von Daten zwischen dem Energieproduzenten, dem Stromnetzbetreiber und dem Produktionsunternehmen. Zusätzlich könnten Vorhersagemodelle basierend auf aktuellen Wetterdaten oder Daten zur Netzauslastung in die Planung miteinbezogen werden.

Der Vorteil eines Datenraums liegt nun darin, dass die Datennutzung nicht auf diesen Anwendungsfall beschränkt ist. Kommen neue Energieanbieter hinzu, können diese dem bestehenden Datenraum beitreten. Aber auch neue Anwendungen, wie beispielsweise eine Optimierung der Zu- und Ablieferung basierend auf der Produktionsplanung und unter Einbeziehung der aktuellen Energiekosten, könnten damit realisiert werden.

Wie funktioniert ein Datenraum?

Um einem Datenraum beizutreten, muss sich ein Unternehmen zuerst im Datenraum registrieren und seine Identität und Zustimmung zu den gemeinsamen Regeln des Datenraums bestätigen. Dies erfolgt beispielsweise über ein Gaia-X Digital Clearing House, einen von Gaia-X bereitgestellten, externen Dienst, bei welchem sich die Teilnehmer einmalig registrieren.

Danach können einzelne Datenquellen und Datenservices geteilt und damit für andere sichtbar gemacht werden. Neben einer Beschreibung der Daten bzw. des Services werden dabei auch Informationen zu den spezifischen Nutzungsregeln hinterlegt.

Sollen nun Daten zwischen zwei Unternehmen ausgetauscht werden, erfolgt dies in der Regel über so genannte Connectoren, die die Einhaltung der Governance-Prozesse sicherstellen und danach den vertrauensvollen Datenaustausch realisieren. Ein solcher Connector kann entweder als Teil der Unternehmens-IT oder als Cloud Service aufgesetzt werden. Aktuell existieren mehrere unterschiedliche Implementierungen von Connectoren, am weitesten verbreitet ist dabei der Eclipse Dataspace Connector (EDC).

Um ein einheitliches Verständnis der Begrifflichkeiten und der übergeordneten Systemarchitektur zu gewährleisten, wurde mit Anfang 2024 ein Projekt zur Erarbeitung eines Standards für „Cloud computing and distributed platforms, Dataspace concepts and characteristics“ gestartet (ISO/IEC AWI 20151). Ergänzend ist ein internationaler ISO-Standard für ein Dataspace Protocol in Vorbereitung, der die Interoperabilität zwischen unterschiedlichen Connectoren sicherstellen soll.

Zu dieser Ausgabe

In dieser ersten Ausgabe des OVE Informationstechnik-Newsletters zu Datenräumen wollen wir Ihnen einerseits einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen in diesem Bereich geben und andererseits einen genaueren Blick auf Energiedatenräume werfen.

Der erste Beitrag von Georg Hahn widmet sich dem Thema, warum Open Source ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Realisierung von Datenräumen darstellt. Danach gibt Martine Gouriet einen Überblick über Gaia-X und die Bemühungen in Richtung eines europäischen Energiedatenraums. Den Abschluss dieser Ausgabe bildet ein Beitrag zum europäischem Projekt EDDIE, welches sich die Entwicklung einer verteilte Dateninfrastruktur für Energie zum Ziel gesetzt hat.

Wir wünschen Ihnen, werte Leserinnen und Leser, eine spannende und informative Lektüre dieses Newsletters. Wenn Sie Anregungen, Fragen oder auch Ideen für eigene Beiträge zu diesem Newsletter haben, freuen wir uns über Ihre Nachricht an informationstechnik@ove.at.

Mario Drobics
Dr. Mario Drobics
Head of Competence Unit Cooperative Digital Technologies
AIT – Austrian Institute of Technology

Leiter der Arbeitsgruppe „Data Spaces” in der Gesellschaft für Informations- und Kommunikationstechnik im OVE