Das Bauwesen zählt weltweit zu den ressourcenintensivsten Branchen. Es ist verantwortlich für einen erheblichen Anteil an Treibhausgasemissionen, Energieverbrauch und Abfallproduktion. Gleichzeitig steht die Branche vor großen Herausforderungen, denn der Bedarf an Wohnraum wächst, während Ressourcen knapper und die Anforderungen an Energieeffizienz und Nachhaltigkeit strenger werden.
Um diesen Zielkonflikt zu lösen, spielen digitale Technologien eine Schlüsselrolle – insbesondere Datenräume (Data Spaces), die die Transformation des Bauwesens hin zu mehr Nachhaltigkeit unterstützen.
Als Plattform für den sicheren, strukturierten und sektorenübergreifenden Austausch von Daten werden umfassende Informationen über den gesamten Lebenszyklus von Bauprodukten, -komponenten oder Bauwerken hinweg zugänglich gemacht – von der Planung über die Nutzung bis hin zum Rückbau. Diese Daten bilden die Grundlage für fundierte Entscheidungen, die ökologische, ökonomische und soziale Aspekte in Einklang bringen.
Gerade in einem komplexen und fragmentierten Sektor wie dem Bauwesen, in dem zahlreiche Akteure beteiligt sind, bieten Datenräume die Möglichkeit, Silostrukturen aufzubrechen und Kooperationen zu fördern.
Trotz zahlreicher Vorteile steht der breite Einsatz im Bauwesen noch am Anfang. Eine zentrale Herausforderung ist die Interoperabilität, da unterschiedliche Systeme und Plattformen verbunden werden müssen. Gleichzeitig sind Datenschutz und Datensicherheit entscheidend, um Akzeptanz zu schaffen. Auch die Datenqualität spielt eine entscheidende Rolle, denn nur vollständige und konsistente Informationen ermöglichen einen ganzheitlichen Nutzen.
Dafür sind zudem klare Standards erforderlich, die zum derzeitigen Zeitpunkt nicht vollständig verfügbar sind. Außerdem erfordert die Einführung von Datenräumen sowie die konsequente Nutzung und Bereitstellung digitaler Daten ein Umdenken der Branche einhergehend mit Investitionen in Technologien und Schulungen.
Datenräume bieten in Bezug auf Nachhaltigkeit enorme Chancen zur effizienteren Ressourcennutzung, Förderung von innovativen Geschäftsmodellen und Stärkung der Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Der Einsatz von Datenräumen eröffnet dabei neue Perspektiven in allen Phasen des Bauprozesses.
Bereits in der frühen Planungsphase eines Bauprojekts lassen sich durch die Nutzung von Datenräumen enorme Fortschritte in Bezug auf die Nachhaltigkeit erzielen. Mit Building Information Modeling (BIM) als zentralem Werkzeug werden sämtliche Bauinformationen digital erfasst und verwaltet.
Datenräume ermöglichen in diesem Zusammenhang nicht nur die Integration von Planungsdaten verschiedener Akteure, sondern auch den Zugriff auf externe Informationsquellen, etwa zu nachhaltigen Materialien, Energieverbrauchsszenarien oder Lebenszykluskosten.
Fachplaner:innen, darunter Architekt:innen und Ingenieur:innen, wird es ermöglicht, alternative Entwürfe zu simulieren, Materialvarianten zu vergleichen und die Ressourceneffizienz zu optimieren. Gleichzeitig können bereits in der Planungsphase ökologische Fußabdrücke von Bauprodukten, -komponenten oder Bauwerken berechnet werden. Lebenszyklusanalyse (Life Cycle Assessment, LCA) wird so zu einem integralen Bestandteil der Entscheidungsfindung.
Ein zentrales Ziel der Kreislaufwirtschaft im Bauwesen ist es, Materialien so lange wie möglich im Wirtschaftskreislauf zu halten. Um dies zu erreichen, müssen Materialien nicht nur effizient genutzt, sondern auch rückverfolgbar gemacht werden. Hier kommen digitale Materialpässe ins Spiel, die in Datenräumen gespeichert und geteilt werden können. Darin enthalten sind detaillierte Informationen zu den verwendeten Baustoffen, ihrer Zusammensetzung und ihrem potenziellen Wiederverwendungswert.
Damit wird Transparenz über die Materialflüsse eines Gebäudes geschaffen, die den späteren Rückbau sowie die Wiederverwendung oder das Recycling von Baustoffen erleichtert. Die gespeicherten Daten sowie der sichere Austausch von Informationen ermöglicht eine Betrachtung über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks. Zudem wird ein gezieltes „Ernten" von Ressourcen aus Bestandsgebäuden als Urban Mining-Ansatz durch die Nutzung von Datenräumen mit der Verfügbarkeit digitaler Sekundärrohstoffdaten erheblich verbessert.
Während der Bauphase trägt die Nutzung von Datenräumen dazu bei, Prozesse effizienter und ressourcenschonender zu gestalten. Echtzeitdaten, die über Datenräume ausgetauscht werden, ermöglichen es, den Material- und Energieeinsatz optimal zu steuern und unnötige Verschwendung zu vermeiden. So können beispielsweise Baustellenlogistik und Bauabläufe durch die Verknüpfung von Planungs- und Echtzeitdaten besser koordiniert werden.
Sensoren an Baumaschinen und Geräten liefern Daten zu Verbrauch, Nutzung und Emissionen, die direkt in den Datenraum eingespeist, ausgewertet und automatisiert optimiert werden. Das führt nicht nur zu einer verbesserten Bauqualität, sondern reduziert auch den ökologischen Fußabdruck der Bauphase.
Mit Hilfe von IoT-Geräten und Sensorik werden Betriebsdaten wie Energieverbrauch, Innenraumklima oder Wartungsintervalle in Echtzeit erfasst und analysiert. Mittels datengetriebener Ansätze wird eine dynamische, automatisierte Anpassung der Gebäudesteuerung, beispielsweise durch die intelligente Regulierung und/oder Steuerung von Heiz-, Kühl- und Beleuchtungssystemen, zur Optimierung umgesetzt. Predictive Maintenance-Ansätze, die auf vorausschauenden Datenprognosen in Verbindung mit KI-Modulen basieren, planen und setzen Betriebsanläufe vorausschauend um, was Kosten und Ressourcen spart.
Damit erlaubt die Bereitstellung digitaler Daten, messbarer Ergebnisse und Benchmarks künftig Vergleiche von Gebäuden hinsichtlich ihrer Energieeffizienz und Nachhaltigkeitsperformance als Entscheidungsgrundlage.
Ein häufig vernachlässigter, aber entscheidender Aspekt nachhaltigen Bauens ist der Rückbau von Gebäuden. Hier entfalten Datenräume ihr volles Potenzial, indem sie als zentrale Informationsquelle dienen. Durch den Zugriff auf Daten, die während der Planungs- und Bauphase gesammelt wurden, können Rückbauunternehmen gezielt vorgehen, um Materialien effizient zu trennen und wiederzuverwenden.
Durch die strukturierte Darstellung der Daten kann auf notwendige Informationen zu Baukomponenten, verwendeten Materialien und deren Zustand zugegriffen werden. Das reduziert nicht nur die Kosten, sondern minimiert auch Abfall und fördert die Wiederverwendung hochwertiger Materialien.