Nach ihrem Masterstudium Informatikmanagement an der TU Wien startete Pia Burchart ihre berufliche Karriere im Jahr 2008 bei APG, wo sie verschiedene Positionen bekleidete, ehe sie 2022 die Leitung des GET-Teams in der IT übernahm.
Aktuell führt sie ein neunköpfiges Team und greift dabei nicht nur auf ihre IT-Expertise, sondern auch auf Soft Skills, wie ihren „mitreißenden Optimismus“, zurück. Wie der Arbeitsalltag der zweifachen Mutter aussieht und warum Kinder Vorbilder und Lehrmeister sind, verrät die gebürtige Steirerin im OVE Fem-Interview.
OVE Fem: Mit dem Studiengang Telematik & Netzwerktechnik an der FH Technikum Kärnten und dem darauffolgenden Studium Informatikmanagement an der TU Wien haben Sie für sich eine sehr klare Entscheidung in Richtung Technik gesetzt. In welchem Alter kristallisierte sich für Sie Ihr Ausbildungswunsch heraus? Was hat Sie dazu bewegt, gab es Schlüsselerlebnisse?
Pia Burchhart: Mich hat Informatik schon immer interessiert. Mein Opa hat mir in der Oberstufe meinen ersten eigenen PC (Intel Pentium II, 233 MHz) gekauft. Es war aber nicht einfach nur ein Geschenk: Damit ich den PC bekam, musste ich meinem Opa bis ins Detail erklären und präsentieren, welchen Nutzen das für ihn bzw. die Familie hatte. Ich habe ihm genau aufgezählt, was uns der neue PC bringen wird und ihm den PC, mit dem ich Briefe erstellen sowie Ein-Ausgabenrechnungen und Adresslisten machen konnte etc., schmackhaft gemacht. Das war mein erster stark vereinfachter Business Case.
Für meine IT-Matura habe ich ein Programm geschrieben, das im Betrieb meines Vaters zur Vereinfachung der Lohnverrechnung eingesetzt wurde.
OVE Fem: Studienbegleitend absolvierten Sie diverse Praktika, u. a. bei Nekom Informationstechnologie und Siemens. Welche Erfahrungen konnten Sie hier sammeln?
Pia Burchhart: Ich habe dabei gelernt, dass es immer darauf ankommt, sich auf die beteiligten Personen einzustellen. Dadurch ist es einfacher, Probleme zu erkennen und mit Lösungen für diese auch langfristig Prozessoptimierungen vorzunehmen. Als Optimistin gelingt es mir, oft auch schier unlösbare Herausforderungen zu meistern. Ich konnte an unterschiedlichen Aufgaben wachsen und an diesen erkennen, dass man in ganz vielen Bereichen des Lebens Dinge optimieren kann.
OVE Fem: Ab 2008 haben Sie Ihre berufliche Heimat bei der APG gefunden und bis heute verschiedene Positionen durchlaufen. Aktuell sind Sie Leiterin es GET-Teams in der IT und führen ein neunköpfiges Team. Wie sieht ein typischer Arbeitstag für Sie aus?
Pia Burchhart: Jeder Tag ist einzigartig. In meinem Team nutzen wir jeden Donnerstag, um uns über aktuelle Projekte auszutauschen, etwaige Hindernisse zu besprechen und gemeinsam Mittag zu essen. Dazu treffen wir uns im Büro, an den anderen Tagen arbeiten wir teils im Büro und teils im Homeoffice. Zudem sind bei mir viele Meetings an der Tagesordnung.
OVE Fem: Welche Softskills sind in Ihrer leitenden Funktion – abgesehen von Ihrer profunden IT-Expertise – besonders gefragt?
Pia Burchhart: Neben meiner fundierten IT-Expertise sind bestimmte Softskills ganz besonders gefragt. Dazu zählen ein mitreißender Optimismus sowie die Fähigkeit, die Stärken anderer gezielt einzusetzen, indem ich die richtigen Personen für die entsprechenden Aufgaben identifiziere.
OVE Fem: Frauen mit einer technischen Ausbildung in leitenden Positionen sind noch immer eher selten. Mit welchen Herausforderungen waren Sie auf Ihrem Weg zur Führungskraft konfrontiert?
Pia Burchhart: Auf meinem Weg zur Führungsfunktion begegnete ich einer Reihe von Herausforderungen: Die Suche nach passenden Vorbildern und Idealen war ein fortlaufender Prozess, besonders in Bezug auf die Vereinbarkeit meiner Mutterrolle mit den Anforderungen einer Führungsfunktion. Die Gestaltung einer ausgewogenen Work-Life-Balance war ebenfalls ein zentraler Aspekt, der ständige Anpassungen erforderte.
OVE Fem: Karriere im technischen Bereich als Mutter von zwei Kindern – welche Tipps können Sie jungen Frauen mit Kinder- und Karrierewunsch geben?
Pia Burchhart: Kinder sind Vorbilder und Lehrmeister! Als berufstätiger Elternteil bin ich täglich gefordert, meine sozialen Kompetenzen zu erweitern (z. B. Zeitmanagement, Stressmanagement, Konfliktmanagement, Kommunikation, richtiges Priorisieren, Entscheidungsfindung etc.). Ebenfalls bin ich, und davon bin ich überzeugt, für meine Kinder und ihre Freund:innen ein Role Model. Vor allem Mädchen sehen durch Beispiele wie mich, dass auch Frauen in technischen Berufen eine gute Karrieremöglichkeit haben und dass Mütter den Vätern in nichts nachstehen.
OVE Fem: Welche Chancen für Quereinsteigerinnen gibt es aus Ihrer Sicht in der IT?
Pia Burchhart: Derzeit gibt es zahlreiche offene Stellen in der IT. Dabei gibt es Jobs, die sehr technisch sind und für die ein fundiertes IT-Wissen erforderlich ist, und dann gibt es Jobs, die viel mit Kommunikation, Projektmanagement und Changemanagement zu tun haben; weil selbst die beste Software nicht zum Erfolg führen kann, wenn die Anwender:innen nicht wissen, wie sie diese effektiv einsetzen können.
Mein Tipp: Darauf achten, was wirklich gesucht wird, welche Stärken man dafür mitbringt und welche Potenziale in einem durch die ausgeschriebene Stelle entfaltet werden können.
OVE Fem: Wird in Ihrem Unternehmen Female Empowerment gelebt, und wenn ja, wie?
Pia Burchhart: Female Empowerment ist wichtig für die APG. Die Arbeitswelt verändert sich, und wir wissen, dass Unternehmen ohne eine Beteiligung von Frauen nicht zur Gänze wettbewerbsfähig sind. Frauen sind wichtige Multiplikatorinnen und auch in Führungsebenen wesentlich. Für Unternehmen ist das Sichtbarmachen von Frauen ein Muss, z. B.: bei der genderneutralen Sprache sowohl in der internen als auch in der externen Kommunikation bzw. Dokumentation. Benefits wie flexible Arbeitszeiten, Elternteilzeit, Homeoffice-Möglichkeiten und gute Betriebsvereinbarungen machen Empowerment erst möglich.
Der APG-Betriebsrat organisiert Kinder- und Sommerbetreuung, welche Müttern, Vätern und natürlich den Kindern zugutekommt. Und wesentlich ist: Female Empowerment und alle damit einhergehenden Veränderungen betreffen alle, denn auch Männer profitieren von der gelebten Gleichstellung. Hier möchte ich auch erwähnen, dass gelebte Gleichstellung – vor allem in einem großen Unternehmen – nur durch die Förderung der Entscheidungstragenden funktionieren kann. Ich werde beispielsweise durch meinen Vorgesetzten, der selbst Teil der SHEconomy Male Ally Initiative ist, unterstützt.
OVE Fem: Welche Rolle spielt die IT in Ihrer Freizeit? Funktioniert ein Abschalten und Regenerieren ganz ohne IT?
Pia Burchhart: Ich verbringe viel Zeit mit meiner Familie, z. B. beim Sport oder in der Natur. Natürlich beschäftige ich mich auch in meiner Freizeit mit neuen Technologien und Trends. Zudem bin ich in verschiedensten Netzwerken aktiv.
IT ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken, aber wir müssen uns auch dessen bewusst sein – vor allem in Zeiten sich stetig entwickelnder AI –, dass wir Menschen in der Lage sind, die IT zu beherrschen und für uns nutzbar zu machen. IT bietet uns unendliche Möglichkeiten und Chancen, welche wir für unsere berufliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung nützen können.
OVE Fem: Vielen Dank für das Interview.