e+i aktuell: Als Familienbetrieb in der Elektrotechnik den Standort Österreich stärken

Ulrike Haslauer ist Geschäftsführerin von compact electric, einem innovativen und vitalen KMU mit Produktionsstandort in Wien. Mit der e+i sprach sie über den Standort Österreich, die Bedeutung von Netzwerken und das Erfolgsgeheimnis ihres Unternehmens.

e+i: Sie leiten seit über 30 Jahren die Firma compact electric in Wien, die als Familienbetrieb geführt und auch gelebt wird. Wie hat sich das Unternehmen in dieser Zeit entwickelt?

Ulrike Haslauer: Ich habe compact electric im Jahr 1990 nach dem plötzlichen Tod meines Vaters als Studentin übernommen. Damals waren 19 Mitarbeiter:innen bei uns beschäftigt, aufgeteilt in drei Abteilungen – Handelswaren, Entwicklungselektronik sowie Schaltschrankbau mit dem Bereich Messen, Steuern und Regeln für Gebäudeautomatisierungstechnik.

Das Unternehmen umfasste zu der Zeit insgesamt fünf Dependancen in Wien-Meidling, zwischen denen ich sozusagen gekreist bin. [...] Vor sieben Jahren sind wir am heutigen Firmenstandort in der Großmarktstraße angekommen, an dem nun 53 fix angestellte Mitarbeiter:innen und zwischen 20 und 30 Leiharbeitskräfte auf 3.800 m2 tätig sind – wir können uns somit auf rund 80 ausgezeichnete Fachkräfte verlassen und bilden auch selber Lehrlinge aus.

Inhaltlich sind wir mittlerweile sehr breit aufgestellt, vor allem im Elektronikbereich, wo wir auch Neuentwicklungen für Energieversorgungsunternehmen und kundenspezifische Sonderanfertigungen anbieten. Im Bereich Gebäudeautomatisierungstechnik haben wir unser Produktportfolio in Richtung Industrieanlagenbau erweitert.

Ganz neu ist unsere Photovoltaikabteilung: Wir konnten eine öffentliche Ausschreibung des Landes Niederösterreich zur Realisierung von Sonnenkraftwerken in Niederösterreich gewinnen. Dabei werden auf Dächern öffentlicher Gebäude PV-Anlagen errichtet. Wir rüsten sechs dieser Anlagen aus und arbeiten parallel dazu in unserer Entwicklungselektronikabteilung an so genannten Rapid Shutdown-Systemen, die zwei Module monitoren und sie im Bedarfsfall sofort wegschalten können, damit der Strang in der Energieerzeugung nicht einbricht.

Mit unserer Kreativität, den neuen Produkten, die wir entwickeln, und mit neuen Geschäftsbereichen verfügen wir also über die Voraussetzungen, um 80 Mitarbeiter:innen langfristig finanzieren zu können.

 

e+i: Was macht für Sie die Qualität eines Familienbetriebs aus?

Haslauer: Für mich ist das vor allem meine Nähe zu jedem/r einzelnen Mitarbeiter:in. Mir liegt sehr viel daran, mehrmals in der Woche in der Früh durch die Firma zu gehen, jede/n Mitarbeiter:in zu begrüßen und zu fragen, wie es ihm oder ihr geht, ob alles passt, ob irgendetwas anliegt.

Das ist auch Zeichen meines Respekts, den ich meinen Mitarbeiter:innen zolle. Ich höre ihnen zu und gehe auf ihre Anliegen ein. Das habe ich von Anfang an gemacht, also seit inzwischen 34 Jahren.[...]

 

e+i: Die vergangenen Jahre haben viele Krisen mit sich gebracht, die Arbeitswelt ist außerdem mit Herausforderungen wie Digitalisierung, Automatisierung und vielem mehr konfrontiert – wie ist es Ihnen gelungen, Ihr KMU erfolgreich durch die vergangenen Jahre zu steuern? Was ist der Erfolgsfaktor von compact electric?

Haslauer: Mit Sicherheit ist das die Qualität, die wir produzieren. Jedes einzelne Produkt ist von einer Facharbeitskraft gefertigt, wird bei uns stückgeprüft und auf Herz und Nieren getestet, bevor es die Kunden erreicht.

Wir liefern Highend-Schaltschränke, die natürlich ihren Preis haben. Aber meine Erfahrung hat mir gezeigt: Kunden, die sich entschlossen haben, einmal eine billigere Schiene zu fahren oder auf andere Firmen zu setzen, sind doch immer wieder sehr gerne zu uns zurückgekommen, weil sie wissen, dass es gut ausgebildete und hervorragende Mitarbeiter:innen braucht, um einen Qualitätsstandard wie unseren halten zu können – und diese Mitarbeiter:innen habe ich.

Abgesehen von diesen technischen Aspekten spielt auch das Management eine Rolle. Ich habe Wert auf ein stabiles Wachstum des Unternehmens gelegt, um nicht zu schnell zu groß zu werden. [...]

 

e+i: Die Fertigung bei compact electric erfolgt ausschließlich in Wien. Welche Vor- und Nachteile bringt das mit sich? Wie beurteilen Sie insgesamt den Standort Österreich?

Haslauer: Die Entwicklung der Kollektivverträge hat auf die Unternehmen und damit auch auf den Standort Österreich durchaus dramatische Auswirkungen. Wir erhöhen ja regelmäßig jedes Jahr gleichzeitig die Soll- und Istlöhne und machen das Unternehmertum in unserem Land immer weniger leistbar, nicht zuletzt auch aufgrund der hohen Energiekosten.

Das wird früher oder später zu einer Abwanderung von Produktionsbetrieben führen und den Standort schwächen, was sehr schade ist, weil wir so viele Hidden Champions und tolle Firmen in Österreich haben. compact electric wird jedenfalls in Österreich bleiben. Ich werde versuchen, die durch die höheren Kosten bedingte Preissteigerung an unsere Kunden weiterzugeben, in einer für sie erträglichen Form. Etwas anderes bleibt mir nicht übrig.

 

e+i: Was wäre aus Ihrer Sicht eine Maßnahme, um den Standort Österreich wieder attraktiver zu machen?

Haslauer: Die Entbürokratisierung, und zwar ganz schnell. Wir könnten in der Energieerzeugung unabhängig sein, wenn nicht dauernd durch Bürokratismus Projekte vereitelt werden würden. Es dauert viel zu lange, bis auf dem Energiesektor Projekte realisiert werden können, dasselbe gilt auch für die Gebäudeentwicklung und andere Bereiche.

Jeder weiß, dass Strom nicht aus der Steckdose kommt, und es weiß auch jeder, dass durch Digitalisierung und KI in den nächsten Jahren nochmal mehr Energiebedarf gegeben sein wird. Es ist allerhöchste Zeit, dass wir in die Gänge kommen und unsere Anstrengungen forcieren. Ein ‚Es geht nicht‘ bringt uns einfach nicht weiter. Wenn wir da nicht schnell aufwachen, schaut es nicht gut für uns aus.

 

e+i: Wie leicht oder schwer fällt es Ihnen in Zeiten des Fachkräftemangels, das notwendige Personal zu rekrutieren?

Haslauer: Wenn große Kapazitäten gebraucht werden, ist das immer ein Dilemma, um ehrlich zu sein. Was für mich nicht in Frage kommt, ist das Abwerben von anderen Unternehmen. Das wäre auch nicht nachhaltig.

Ich habe in der Vergangenheit immer wieder neue Mitarbeiter:innen durch Mundpropaganda gefunden, teilweise durch Mitarbeiter:innen, die im Freundeskreis neue Kolleg:innen rekrutieren. [...]

Wir setzen auch auf Lehrlingsausbildung und wollen unsere Lehrlinge anschließend im Unternehmen behalten. Sie haben bei uns trotz der relativ kleinen Unternehmensgröße viele verschiedene Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln.

 

e+i: Sie engagieren sich in verschiedenen Netzwerken, etwa im Bereich Mentoring oder auch in der Landesinnung der Mechatroniker in Wien. Warum ist dieses Engagement für Sie wichtig?

Haslauer: Ich bin eine große Netzwerkerin und stelle mein Wissen und auch mein Netzwerk gerne zur Verfügung. In der Förderung junger Leute sehe ich einen großen Sinn, und genau das kann ich als Mentorin machen. Außerdem stehe ich als Coach aus der Wirtschaft auch jenen gerne mit Rat und Tat zur Seite, die gerade in einem Form- oder Motivationstief stecken.

Bei der Mechatroniker-Innung geht es mir unter anderem darum, mehr weiblichen Wind in einen sehr männlich dominierten Bereich hineinzubringen. [...]

 

e+i: Seit einiger Zeit sind Sie auch Vorstandsmitglied der GMAR Gesellschaft für Mess-, Automatisierungs- und Robotertechnik. Was hat Sie dazu bewogen? Und was zeichnet die GMAR aus Ihrer Sicht aus?

Haslauer: Für mich ist es eine Ehre, im Vorstand der GMAR zu sein. Ich denke, dass ich in diesem wissenschaftlichen Bereich meine Erfahrung aus der KMU-Praxis einbringen kann, von der Produktentwicklung bis zur Fertigung. Außerdem unterstütze ich auch hier gerne durch mein Netzwerk.

Mein Wunsch wäre, noch mehr die Werbetrommel für die GMAR rühren zu dürfen, um andere zu motivieren, Mitglied zu werden, damit wir uns dort austauschen können. Die fachlichen Themen sind höchst interessant. KI und Robotik sind ja momentan in aller Munde, und es gehört noch mehr in die Betriebe hineingetragen, dass es da eine Plattform gibt, die darüber informieren kann und auch Themen aus der Praxis erfragt.

Ein Netzwerk wie die GMAR sollte vermehrt darstellen, dass Automatisierung und Robotik keine Arbeitsplätze vernichten, sondern neue Jobperspektiven eröffnen können, indem sich Mitarbeiter:innen für andere Bereiche in ihrem Unternehmen qualifizieren.

Unser großer Beitrag als GMAR sollte sein, dass wir sowohl die Gesellschaft als auch die Politik wachrütteln und klarstellen: Wir brauchen Automatisierung und Robotik, um den Standort Österreich zu erhalten.

Ulrike Haslauer, Geschäftsführung compact electric
"Wenn man seine Kompetenz in Gespräche einbringen kann, gibt es keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen."
Geschäftsführung compact electric

e+i: Sie haben neben Ihrem Wirtschaftsstudium auch eine technische Ausbildung absolviert und führen erfolgreich ein Mechatronik-Unternehmen. Wie geht es Ihnen als Frau in dieser nach wie vor sehr männerdominierten Branche?

Haslauer: Hervorragend. Es ist mir nie schlecht gegangen. Natürlich muss man eine fundierte Ausbildung haben und sich, um Fachgespräche führen zu können, auch Fachwissen aneignen. Das ist mir ganz gut gelungen, denke ich. Ich habe es nie als Nachteil empfunden, eine Frau zu sein.

Wenn man seine Kompetenz in Gespräche einbringen kann, gibt es keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen. [...]

Das vollständige Interview mit Ulrike Haslauer lesen Sie in der neuen Ausgabe unserer Verbandszeitschrift e+i. Als OVE-Mitglied finden Sie die digitale Ausgabe in Ihrem persönlichen Login-Bereich unter "Mein OVE/Mitgliedschaft".