Seit Jahresbeginn ist Monika Haselbacher als COO Mitglied des Vorstands von Frequentis. Während ihres Studiums der Elektrotechnik/Nachrichtentechnik nutzte Monika Haselbacher verschiedene Netzwerke, um sich abseits der „hard facts“ des Studienalltags mit Menschen mit ähnlichen Interessen auszutauschen.
Als erfolgreiche Technikerin, die auf Vorstandsebene die Geschicke von Frequentis mitbestimmt, rät sie Mädchen und jungen Frauen, den Sprung in die Technik zu wagen.
OVE Fem: Sie haben an der TU Wien Elektrotechnik/Nachrichtentechnik studiert. Ab welchem Alter kristallisierte sich für Sie heraus, dass Ihr Ausbildungsweg Sie in die Technik führen würde? Gab es jemals Alternativen für Sie?
Monika Haselbacher: Ich habe im Alter von 15 oder 16 Jahren überlegt, dass ich gerne etwas Technisches studieren will und deshalb dann auch in der 7. und 8. Klasse Darstellende Geometrie als Wahlfach absolviert, um mir dieses Thema dann an der TU zu ersparen.
In den 1980er Jahren waren Informationsveranstaltungen darüber, welche Studien es so gibt, noch nicht so verbreitet wie heute. Also ging ich eher so nach dem Ausschlussprinzip vor: Ich wusste sehr genau, was ich NICHT studieren wollte.
OVE Fem: War Ihnen als angehende Studentin bewusst, dass Sie während Ihrer Ausbildung wohl eher zur weiblichen Minderheit zählen würden? Wie sah der Frauenanteil im Bereich Elektrotechnik zu Beginn und am Ende Ihres Studiums aus?
M. Haselbacher: Vor der ersten Lehrveranstaltung im ersten Semester habe ich nicht darüber nachgedacht – zumindest kann ich mich nicht daran erinnern. Als ich dann das erste Mal in den Hörsaal gekommen bin, habe ich mich schon gewundert, dass da gar so wenige Frauen waren – zehn Frauen auf 500 Menschen im ersten Semester. Wir zehn haben uns allerdings sofort zusammengetan.
OVE Fem: Welche persönlichen Eigenschaften brachten Sie für das Studium an der TU mit? Welches fachliche Vorwissen würden Sie aus heutiger Sicht als notwendig erachten?
M. Haselbacher: Rückblickend würde ich als wichtigste Eigenschaft eine gewisse Unerschrockenheit sehen. Aber auch Neugier und Beharrlichkeit waren sicher wichtige charakterliche Merkmale, um das Studium durchzuhalten.
Vorwissen hatte ich keines – ich kam von einem neusprachlichen Gymnasium –, aber natürlich hatte ich eine gewisse Begabung für Mathematik und Naturwissenschaften. Eine Freude an diesen Fächern und am logischen Denken ist wichtig, weil es sonst vermutlich einfach keinen Spaß macht.
OVE Fem: Sie starteten Ihre berufliche Tätigkeit bei Ericsson Austria und wechselten nach zwei Jahren zu Frequentis, wo Sie seit 1998 die Karriereleiter hinaufgeklettert sind. Welche Stationen/Positionen haben Sie auf Ihrem Weg in die Geschäftsleitung, der Sie seit Jahresbeginn als COO angehören, durchlaufen?
M. Haselbacher: Mir war immer wichtig, dass ich an meinen Aufgaben Freude habe und dass sie für mich Sinn ergeben. Das Klettern in der Hierarchie war kein relevantes Entscheidungskriterium, wenn ich etwas Neues begonnen habe. Ich hatte keine Scheu, meine Komfortzone zu verlassen und mich in unbekannte Themen einzuarbeiten. Daher kann ich zwar die Positionen aufzählen, die ich innehatte, sie sind aber wohl keine Blaupause für eine typische Karriere.
Ich bin ja aus der Nachrichtentechnik gekommen, war also meistens in technischen Bereichen tätig, oft an der Schnittstelle zu Kunden. In den letzten 10 bis 15 Jahren waren die wichtigsten Aufgaben die technische Gesamtverantwortung bei komplexen Kundenprojekten (Technical Solution Manager), die Leitung einer Produktentwicklung eines Software-Produkts und die Geschäftsleitung einer Tochterfirma, die hauptsächlich Software-Entwickler:innen beschäftigt.
OVE Fem: Womit sind Sie aktuell in Ihrem beruflichen Alltag befasst, und was bereitet Ihnen immer wieder Freude?
M. Haselbacher: Meine aktuellen Aufgaben sind sehr vielfältig: Zu meiner Ressortverantwortung gehört die Projektabwicklung, die der zentrale Teil unseres Geschäftsmodells ist. Da geht es vor allem darum, einen Überblick zu behalten, welche Kundeprojekte wie laufen, und ob ich vielleicht Unterstützung organisieren muss, um gewisse komplexe Themen zu lösen. Genauso wichtig ist für mich das Ressort des Group Management, wo wir alle Aktivitäten bündeln, die mit dem reibungslosen Ablauf des Geschäfts mit unseren zahlreichen Niederlassungen im Zusammenhang stehen.
Des Weiteren gehört zu meiner Verantwortung der Customer Service, das Quality Management und die Safety – alles Bereiche, die sowohl für die Kundenbeziehungen als auch für unsere internen Prozesse sehr wichtig sind.
Freude bereitet mir in erster Linie, mit den Mitarbeiter:innen diese große Vielfalt an Themen zu bearbeiten als auch mit unseren Kunden Beziehungen zu pflegen.
OVE Fem: Frequentis hat im Jahr 2022 die Initiative „Frauen und Karriere“ ins Leben gerufen. Welche Akzente werden hier firmenintern gesetzt?
M. Haselbacher: Es geht uns im ersten Schritt vor allem um zwei Themen: Wie können wir die Kolleginnen, die schon bei uns sind, sichtbarer machen und fördern, z. B. über ein Mentoring-Programm? Und: Wie können wir mehr Bewerberinnen für uns gewinnen. Denn insgesamt streben wir an, unseren Frauenanteil in der Belegschaft von 23 % zu heben, aber auch unsere Führungsriege diverser zu machen. Da wir sehr international tätig sind, sehen wir, dass bei Diversität auch kulturelle Unterschiede bemerkbar sind – in Australien ist Gender-Diversity eine Selbstverständlichkeit, in Österreich haben wir da noch ein Stück Weg vor uns.
OVE Fem: Als Projektpartner von Girls! TECH UP wird Frequentis auch diesen Herbst wieder bei unserem Erlebnistag für Mädchen in Wien vor Ort sein, um Schülerinnen die Welt der (Elektro-)Technik näherzubringen. Welche Ratschläge haben Sie für Mädchen, die vor der Berufs-/Ausbildungsentscheidung stehen?
M. Haselbacher: Traut Euch! Wenn Ihr prinzipielles Interesse habt, dann wagt den Sprung. Die Ausbildung ist sicher eine Herausforderung – das ist sie aber ganz unabhängig vom Geschlecht. Mit einem technischen Beruf wird einem nie langweilig. Man kann an unser aller Zukunft mitarbeiten und hat auch die Möglichkeit, in der Welt herumzukommen. Und das Gehalt ist – verglichen mit anderen Berufen – auch nicht schlecht!
OVE Fem: Frauen in der Technik sind leider noch immer nicht selbstverständlich. Inwiefern haben Sie in Ihrem Werdegang auf Netzwerke zurückgegriffen, um Chancen und Potenziale auszuloten, sich mit Kolleginnen auszutauschen etc.?
M. Haselbacher: Ich habe mich immer gerne mit anderen Menschen ausgetauscht, war daher immer in unterschiedlichen Netzwerken aktiv und habe auch selbst welche mitgegründet. Eine wichtige Anlaufstelle während des Studiums war einerseits die Studierendenvertretung, in die ich mich eingebracht habe, andererseits das Orchester der TU Wien, in dem ich als Geigerin mitgewirkt habe. Und auch die Frauen-Gruppe, die wir als Elektrotechnik-Studentinnen gegründet haben.
Alle drei Netzwerke haben mir geholfen, mein Studium durchzuziehen: So konnte ich mich abseits der hard facts des Studiums mit Menschen mit ähnlichen Interessen austauschen. Am Beginn meiner Berufstätigkeit habe ich mich bei den Webgrrls engagiert – einem Verein, der sich Mitte/Ende der 1990er der Förderung von Frauen im Zusammenhang mit dem noch recht jungen Internet gewidmet hat.
OVE Fem: Und zu guter Letzt: Sie haben eine verantwortungsvolle Position inne, die täglich neue Herausforderungen mit sich bringt. Wie schaffen Sie es, eine Balance zwischen Job und Freizeit zu finden?
M. Haselbacher: Für meine Erfahrungen ist die Verallgemeinerung „Job/schlecht und Freizeit/gut“ nicht zutreffend. Ich unterscheide lieber zwischen Begegnungen, die mir Energie geben und solchen, die mich Energie kosten. Es gibt sowohl im Job Situationen, die mir Energie geben, als auch in meinem Privatleben solche, die mich Energie kosten.
Alles in allem gelingt es mir ganz gut, eine Balance herzustellen, weil ich mit dieser Energie-Bilanz sehr bewusst umgehe. Aber natürlich ist mit meinem Wechsel in den Vorstand das Thema Zeit-Management noch viel wichtiger geworden. Da habe ich meinen Lernprozess noch nicht abgeschlossen.
OVE Fem: Vielen Dank für das Interview.