Die Aufgabengebiete der Elektrotechniker:innen werden immer umfangreicher, gleichzeitig ist die gesamte Branche mit einem Fachkräftemangel konfrontiert. Die Redaktion der e+i hat mit Bundesinnungsmeister Christian Bräuer über mögliche Lösungen sowie neue Anforderungen an Elektrotechniker:innen gesprochen.
e+i: Sie sind seit Ende September 2023 Bundesinnungsmeister der Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker:innen. Was sind die wesentlichen Aufgaben in dieser Funktion? Was haben Sie sich für Ihre Funktionsperiode vorgenommen?
Christian Bräuer: In den mehr als 20 Jahren, die ich bereits als Funktionär in der Wirtschaftskammer tätig bin, haben sich für mich vor allem Aus- und Weiterbildung sowie Normung als zentrale Themen herauskristallisiert. Mit meiner neuen Funktion als Bundesinnungsmeister sind nun zusätzliche Aufgaben auf mich zugekommen. Was mir aber schon immer am wichtigsten war, und das wird sich nie ändern: Ich bin zu 100 % für meine Elektriker und Elektrikerinnen da, ganz egal, was ihr Anliegen ist. [...]
Außerdem habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, die Branche der Elektrotechnik, die ja mittlerweile in Österreich riesengroß ist, auf eine Plattform zu bringen, wo alle auf Augenhöhe miteinander sprechen können. Wir haben diesbezüglich schon sehr konstruktive Gespräche mit der Industrie und dem Großhandel geführt, auch zum OVE gibt es eine ausgezeichnete Verbindung. [...]
Wichtig ist mir auch das Vertrauen innerhalb der Branche. Es sollte nicht immer der Preis im Vordergrund stehen, sondern vielmehr Vertrauen, Leidenschaft und Kompetenz – und genau das wollen wir transportieren.
e+i: Das Berufsbild des Elektrotechnikers/der Elektrotechnikerin hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt – Themen wie Digitalisierung, Gebäudeautomation, Erneuerbare Energien und vieles mehr prägen heute den Arbeitsalltag. In der Gesellschaft ist vielfach aber immer noch das althergebrachte Bild des „Kabelziehers“ präsent. Wie lässt sich das ändern?
Bräuer: Ja, die Berufsbilder haben sich geändert, und genau das kann uns dabei helfen, wenn es um die Faszination von Jugendlichen für unsere Branche geht. Für Elektrotechniker:innen geht es nicht mehr um Stemmen und Rohrverlegen. [...]
Wir brauchen Leute, die genau wissen: Was ist eine sichere elektrische Anlage? Wie baue ich sie auf? Und wo habe ich den Personen- und Brandschutz? Das sind unsere Hauptthemen. Darüber hinaus sind wir jetzt aber auch sehr stark im Bereich Energieeffizienz gefragt. [...]
Ein weiterer wichtiger Bereich ist für uns natürlich der Ausbau Erneuerbarer Energien. [...]
e+i:Den zeitgemäßen Jobprofilen von Elektrotechniker:innen trägt auch der neue Modullehrberuf Elektrotechnik Rechnung. Was sind die wesentlichen Änderungen?
Bräuer: Der neue Modullehrberuf hat seit 1. Jänner 2024 Gültigkeit. Für uns war es ein wichtiger Prozess zu erkennen, dass in der Ausbildung auf der einen Seite mechanische Kompetenzen vermittelt werden müssen – es handelt sich ja schließlich auch um einen Baustellenberuf –, unsere Lehrlinge aber auf der anderen Seite ein hochwertiges technisches Verständnis brauchen, um Anlagen errichten zu können.
Das große und übergeordnete Thema bei der Ausarbeitung des neuen Modulberufs war der Klimaschutz. Mir ist ganz wichtig, dass jede:r, der/die so eine Lehre macht, Verständnis für Klimaschutz vermittelt bekommt. Was belastet unser Klima tatsächlich? Und welche Lösungen bietet die Elektrotechnik, um eine CO2-Reduktion zu erreichen? Dabei stehen Energieeffizienz und Erneuerbare Energien im Fokus. [...]
e+i: Wie in vielen anderen Branchen stellt der Fachkräftemangel bekanntlich auch in der Elektrotechnikbranche ein enormes Problem dar. Im Rahmen der Branchenkampagne „Join the Future“ zieht die Innung mit dem OVE und anderen Branchenpartnern an einem Strang. Gibt es weitere Maßnahmen, die die Innung zur Bekämpfung des Fachkräftemangels setzt?
Bräuer: Wir arbeiten natürlich sehr eng mit dem AMS zusammen, um den Markt besser einschätzen zu können.
In Gesprächen mit dem AMS wurde beispielsweise überlegt, dass wir das Thema Deutschkenntnisse neu betrachten und vom derzeitig geforderten Einstiegslevel ein wenig abrücken sollten. Viele Jugendliche, die technisch affin sind, bekommen keine Lehrstelle, weil sie nicht die erforderlichen Sprachkenntnisse mitbringen – also noch nicht. Bis sie dann ausreichend Deutsch können, machen sie vielleicht schon etwas anderes. Das Ziel müsste sein, dass diese Jugendlichen die technische Lehre trotzdem beginnen können und dann innerhalb der Ausbildungszeit das entsprechende Deutschniveau erreichen.
e+i: Welche Bedeutung hat der OVE für die Elektrotechnikbranche und im Speziellen für die Innung?
Bräuer: Der OVE hat als Instanz für die elektrotechnische Normung eine große Bedeutung für die Innung. Normung ist das Thema, mit dem wir uns national über gewisse Grundsätze verständigen können. [...]
Was ich mir wünschen würde ist, dass sich noch mehr Elektriker:innen für die Normung begeistern, damit wir in noch mehr Normungsgremien vertreten sein können. Da bei Normungsmeetings inzwischen teilweise auch eine Online-Teilnahme möglich ist, hoffe ich, dass mehr interessierte Kolleg:innen, zum Beispiel aus weiter von Wien entfernten Bundesländern, die Möglichkeit der Mitarbeit in der Normung nutzen. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass die Normung ein hochinteressantes Themenfeld ist, und ich schätze die Zusammenarbeit mit dem großartigen Normungsteam im OVE sehr.
Als Branchenverband hat der OVE jedenfalls eine wichtige Funktion als Drehscheibe, wir sind auch froh über den Schulterschluss im Rahmen der Nachwuchskampagne „Join the Future”. Wenn wir etwas gemeinsam machen, dann können wir viel mehr bewegen. [...]
Das vollständige Interview mit Christian Bräuer lesen Sie in der neuen Ausgabe unserer Verbandszeitschrift e+i. Als OVE-Mitglied finden Sie die digitale Ausgabe in Ihrem persönlichen Login-Bereich unter "Mein OVE/Mitgliedschaft".
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