Karoline Pinner absolvierte den Master-Studiengang „Erneuerbare Urbane Energiesysteme“ an der FH Technikum Wien und gilt mit ihren 26 Jahren bereits als High Potential.
Sie arbeitet als technische Projektleiterin für Umspannwerke bei den Wiener Netzen, Österreichs größtem Kombinetzbetreiber.
Die junge Technikerin spricht im Interview mit OVE Fem nicht nur darüber, wie sie zur Wahl ihres Studiums kam oder wie ein typischer Arbeitstag für sie aussieht, sondern verrät uns auch, warum der Reitsport eine große Faszination auf sie ausübt und was man von den Vierbeinern lernen kann.
OVE Fem: Frau Pinner, mit Ihren nur 26 Jahren werden Sie innerhalb Ihres Arbeitgebers, der Wiener Netze GmbH, bereits als „aufstrebender Stern“, als „High Potential“ gehandelt. Wie sehr muss man sich als Frau in einem nach wie vor männlich geprägten Arbeitsbereich ins Zeug werfen, um einen solchen Ruf zu genießen?
Karoline Pinner: Es ist schön, dass ich innerhalb des Unternehmens so gesehen werde, gleichzeitig hat man dadurch natürlich auch einen gewissen Druck, dieser Erwartungshaltung gerecht zu werden.
Ich denke nicht, dass Frauen sich mehr ins Zeug werfen müssen als ihre männlichen Kollegen.
Commitment und Engagement im Beruf sind für mich persönlich selbstverständlich. Darüber hinaus sind Kompetenz und Fachwissen sowie eine gewisse Hands-On-Mentalität wichtig, um einen guten oder ausgezeichneten Job zu machen.
OVE Fem: Wenn man Ihren Ausbildungsweg anschaut, fällt auf, dass sich für Sie schon früh der Weg in Richtung Naturwissenschaften aufgetan hat: Sie haben in Baden ein Gymnasium mit Schwerpunkt Realwissenschaften und Darstellende Geometrie besucht. Inwiefern zeichnete sich diese Wahl schon in Ihrer frühen Kindheit ab, und: gab es jemals Zweifel?
Pinner: Ich war immer schon begeistert von Mathematik sowie später von Physik und anderen naturwissenschaftlichen Fächern; und auch Heimwerken hat mir schon in meiner Kindheit sehr viel Spaß gemacht – das ist auch bis heute noch so. Für mich war also immer klar, dass mein Weg mich in die Welt der Technik führen wird.
OVE Fem: Nach der Matura ging es für Sie weiter an die FH Technikum Wien, um den Bachelorstudiengang „Urbane Erneuerbare Energietechnologien“ zu absolvieren. Wie umfangreich haben Sie sich vorab über mögliche Studienrichtungen informiert, und warum fiel Ihre Wahl ausgerechnet auf „Urbane Erneuerbare Energietechnologien“?
Pinner: Während meines letzten Jahres im Gymnasium besuchte ich eine Bildungsmesse, bei der mir dieser Studiengang ins Auge stach. Urbane Erneuerbare Energietechnologien passte super zu meinen Interessen: Technik aus verschiedenen Fachbereichen, zusätzlich Wirtschaft und Projektmanagement sowie die Zusammenhänge der gesamten Energieversorgung. Und: die Möglichkeit, wissenschaftlich zu arbeiten und auch soziale Kompetenzen zu erwerben.
Außerdem war und bin ich davon überzeugt, dass die urbane erneuerbare Energietechnologie ein sehr zukunftsträchtiges Thema ist.
OVE Fem: Welche Studienschwerpunkte haben Sie am meisten angesprochen?
Pinner: Generell haben mich die technischen Schwerpunkte am meisten angesprochen – Mathematik, Elektrotechnik, Thermodynamik, Maschinenbau etc. Aber natürlich waren auch die anderen Fächer, wie Wirtschaft und Recht, wichtig, um einen fundierten Einblick in das Thema „Energie“ zu bekommen.
OVE Fem: Im Anschluss an den Bachelorstudiengang folgte der Master-Studiengang „Erneuerbare Urbane Energiesysteme“ ebenfalls an der FH Technikum Wien. Welche besonders positiven Erfahrungen nehmen Sie aus dieser Ausbildungszeit mit?
Pinner: Im Master-Studiengang konnte ich das erlernte Wissen vertiefen und noch mehr über die Zusammenhänge der verschiedenen Bereiche der Energieversorgung lernen.
Positive Aspekte waren die Möglichkeit der Teilnahme an Veranstaltungen und Podiumsdiskussionen sowie die von externen Lektoren abgehaltenen Vorlesungen. So konnte man einerseits an spannenden Diskussionen teilnehmen und andererseits schon früh Branchen-Kontakte knüpfen und sich ein Netzwerk aufbauen.
OVE Fem: „Mädchen und Technik“ wird auch heute noch sehr häufig als Widerspruch gesehen. Was ist aus Ihrer Sicht notwendig, um Frauen für technische Berufe zu motivieren und insgesamt den Frauenanteil in diesem Bereich zu heben?
Pinner: Meiner Meinung nach ist es wichtig, Genderklischees von vornherein keine Chance zu geben! Das heißt, man sollte von frühester Kindheit an auf die Interessen eines Kindes eingehen und keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern machen.
Wichtig ist, Mädchen zu unterstützten und sie in ihrem Mut, eine technische Richtung einzuschlagen, zu bestärken. Genau das ist ein Grund für mich, warum ich künftig als Jobbotschafterin der Wiener Netze tätig sein werde: um Mädchen/Frauen zu motivieren, den Schritt in technische Berufe zu wagen.
OVE Fem: Wie geht es Ihnen persönlich als Frau in der Welt der Technik?
Pinner: Obwohl ich in meiner Abteilung – abgesehen von der Assistenz – die einzige Frau unter 170 Männern bin, fühle ich mich sehr wohl und bin froh, den Schritt gewagt zu haben. Ich denke, mit der notwendigen Kompetenz und natürlich auch gerüstet mit ausreichend Selbstbewusstsein, haben Frauen keine Probleme in der Welt der Technik.
OVE Fem: Aktuell arbeiten Sie in Ihrem Unternehmen als technische Projektleiterin im Bereich Umspannwerke. Welche Aufgaben beinhaltet diese Arbeitsstelle genau?
Pinner: Mein Aufgabengebiet ist breit gefächert. An erster Stelle stehen Umspannwerksprojekte, das heißt, Neubauten oder Umbauten. Hier liegt die Verantwortung von der ersten Planung über Kostenkalkulation, Erstellung der Ausschreibungsunterlagen, Vergabe, Projektleitung während der Bauphase bis hin zur Inbetriebnahme bei mir.
Dazu kommen die alltäglichen Aufgaben, wie Koordination von Überprüfungen verschiedenster Arbeitsmittel, Reparaturen, Bestellungen von Ersatzteilen etc…
OVE Fem: Und: Wie sieht ein typischer Arbeitstag für Sie aus?
Pinner: Ein typischer Arbeitstag startet mit der Morgenbesprechung, in der über Störungen und anstehende Arbeiten berichtet wird. Auch etwaige Abstimmungsthemen der technischen Referent:innen kommen hier zur Sprache.
Danach kümmere ich mich um laufende Projekte, dazu gehören die Beantwortung von E-Mails, die Kontrolle von Stromlaufplänen und die Abstimmung mit der Montageleitung.
Viele Aufgaben ergeben sich erst im Laufe des Tages, wie zum Beispiel die Angebotseinholung von Ersatzteilen, Absprachen mit der Hoch- und Mittelspannungswarte bezüglich Abschaltungen oder Störungsanalysen.
Außerdem gibt es einmal pro Woche eine Baubesprechung zu laufenden Projekten im Umspannwerk vor Ort mit einer Begehung, um den Baufortschritt zu kontrollieren. Wenn die tägliche Routine-Arbeit erledigt ist, widme ich mich künftigen Projekten, das heißt, ich bin mit Kalkulationen und Ausschreibungen beschäftigt.
OVE Fem: Jetzt stehen Sie nach Ihrer sehr konsequent durchgezogenen Ausbildung am Anfang Ihres Karriereweges. Gibt es schon Pläne, Wünsche, Ziele, wohin es gehen soll, was Sie erreichen wollen?
Pinner: Mein Ziel ist es, mich stetig weiter zu entwickeln und letztlich einmal in die Verantwortung zu kommen, neue und innovative Prozesse zu kreieren.
OVE Fem: In Ihrer Freizeit haben Sie sich dem Pferdereitsport verschrieben – was macht Ihnen im Umgang mit Pferden am meisten Spaß, und: gibt es etwas, das wir Menschen von den Vierbeinern lernen könnten?
Pinner: Es macht mir Freude, die Entwicklung meines Pferdes zu beobachten. Von Pferden kann man lernen, sein Gegenüber so zu sehen wie es ist, ohne darüber nachzudenken, was gestern war oder morgen sein wird. Ich finde es auch faszinierend, mit einem 600 kg schweren Lebewesen, das nicht unsere Sprache spricht, zu kommunizieren und eine Beziehung aufzubauen.
Durch den Reitsport habe ich viel gelernt, zum Beispiel, mich weniger zu ärgern, wenn etwas schiefläuft, sondern es einfach immer wieder zu versuchen, bis es funktioniert.
OVE Fem: Vielen Dank für das spannende Interview und alles Gute für Ihren weiteren Lebensweg!
Eschenbachgasse 9
1010 Wien